Götakanal

(FT) Gegen sieben Uhr morgens in Stegeborg legen Jakob und Robin ab, um die letzten sechs Meilen bis Mem unter Motor in Angriff zu nehmen. Es ist ein wunderschöner, fast verwunschenen Morgen, mit Seenebel, Flaute und Regen. Zwei Stunden später sind wir am Göta Kanal. Es regnet. Etwa neun Boote haben sich versammelt um in fünf Tagen, durch den Götakanal zu fahren. Da die Saison vorbei ist, geht das nur noch im Pulk, zwei Mal die Woche. Immer vier Boote passen in eine Schleuse und es sind immer dieselben vier, die zusammen geschleust werden. Wir sind zwei dänische und zwei deutsche Boote. Besonders gefallen uns die Dänen, die sich zu kennen scheinen. Ich unternehme einen erste Annäherungsversuch indem ich mir ein paar "Riesen" (Karamellbonbons) schnappe und diese verteile. Besonders die Kleinen, jeweils einer auf einem Boot, freuen sich darüber. Nach ca. 20 weiteren Schleusen ist es bereits dunkel als wir die bekannte Schleusentreppe von Berg mit sieben direkt aufeinanderfolgenden Schleusen passieren. Ein langer Tag geht zu Ende.

Bereits seit 1429 hatte Dänemark von ausländischen Schiffen Zölle für die Durchfahrt durch den Öresund in Anspruch genommen. Dazu sagte Balzar von Platen „Ich konnte noch nie eine Karte von Schweden betrachten, ohne der Meinung zu sein, dass die enormen Wasserflächen, die die Natur in diesem Land eingeschlossen hat, wie dafür geschaffen sind […] eines Tages die Verbindungspunkte für die Schifffahrt durch das Land zu bilden.“ Balzar von Platen, der Kopf hinter dem Kanal konnte so gemeinsam mit dem Schottischen Kanalbauer, Thomas Kelford 1809 einen ausführlichen Plan für die Wasserstraße durch Schweden präsentieren. Mit einer großen Mehrheit stimmte der Reichstag dafür. Auch der König konnte für die Sache gewonnen werden und so starteten im Jahr1810 etwa 58.000 schwedische Soldaten mit der Ausgrabung des Kanals. 22 Jahre sollte es bis zur Fertigstellung dauern.  92 zu überwindende Höhenmeter, 58 Schleusen und 50 Brücken kosteten etwa 94 Millionen Arbeitsstunden.

Just in time, um fünf Minuten vor Neun stehen wir am kommenden Tag auf, damit wir pünktlich um Neun Uhr für die Weiterfahrt klar sind. Unsere Hirnzentralen für Zeitmanagement sind in den vergangenen Monaten degeneriert und so fremdeln wir mit fremdbestimmten Abfahrtzeiten. Gefrühstückt wird das Mittagessen vom Vortag in den Schleusen, denn so richtig viel Zeit dazwischen haben wir nicht. Wir bekommen lustige Sprüche unserer Nachbarn zu hören, mit denen wir uns immer besser verstehen. Es entstehen sogar schon fast familiäre Stimmungen. Wir helfen uns untereinander, fällen gemeinsame Entscheidungen und albern herum. Neun Schleusen führen uns an diesem Tag von Berg nach Motala, kurz vor dem zweitgrößtem See Schwedens, dem Vättern, gelegen. Wir verbringen den Abend, im Beisammensein mit Thomas, Matthias und deren Familien, einem Grill und den grilltypischen Getränken. Eine große Freude bereitet es mir, Dänisch zu sprechen, welches ich seit verlassen Dänemarks nur noch sehr selten in Gebrauch weiß. Wehmütig müssen wir uns am kommenden Tag von unseren neuen Freunden verabschieden, denn sie nehmen sich einige Tage Zeit, um den Vättern genauer zu erforschen, während wir, des Motorens müde, erstmals wieder Segel setzen können. Zumindest für zwei Stunden, die wir brauchen um die 16 Meilen auf die andere Seite des Sees zu segeln. Besonders erfreut sind wir auch darüber, dass der Wind von hinten kommt, wir also mit Spi segeln können, dem kleinen, mit dem wir teilweise bis acht Knoten Fahrt durchs Wasser machen. Kein Wunder also, dass wir das obligatorische Rennen mit dem anderen Boot aus unserem Pulk gewinnen.

Die beiden folgenden Tage vergehen wie im Flug. Spätestens seit der dreißigsten Schleuse ist das auch gar nicht mehr so spannend. Einen Abend verbringen wir mit Berbel und Georg auf deren „Aries“, einer Dehler Optima. Sehr nett finden wir einstimmig, auch der Abend. Neunzehn weitere Schleusen, dieses Mal bergab, bringen uns letztlich zum Vänernsee, dem drittgrößtem See Europas. Die beiden größeren Seen befinden sich in Russland, wer hätte das gedacht?

Im Vänern wollen wir uns einige Tage Zeit nehmen.