Tallinn

(FT) Bei wunderschönem Sonnenschein verlassen wir den Hafen in Riga.  Gegen ein kleines Lüftchen aus Nord brauchen wir 40 Stunden, um den Hafen des 90 Meilen entfernten „Virtsu“ zu erreichen. Der Hafen ist geprägt von einem Fähranleger, der das Festland mit „Saaremaa“, der größten Insel Lettlands verbindet. 

Besonders schön finden wir es hier nicht. Da wir bei dem geringen Seegang am Vortag alle gut schlafen konnten, stechen wir nach einer Nacht und einem Einkauf gleich wieder in See. Dieses mal ohne Segel, denn wir haben keine Lust die engen Fahrwasser bei 2 Knoten Gegenstrom aufzukreutzen.  Auch unter Motor brauchen wir für 40 Meilen 9 Stunden und sind mehr als froh, als wir diesen entkommen, zumindest in seglerischer Hinsicht, denn die Landschaft dort ist bezaubernd.

Mit der Arbeitsfock und Groß segeln wir die letzten 50 Meilen in rasanter Fahrt und erreichen Tallinn um 8:00 Uhr morgens.

 

Da wir von Alex und Coco vor dem teuren Stadthafen, 45 Euro die Nacht, gewarnt wurden, legen wir uns in einen anderen, etwas ausserhalb. Dort liegen wir so unruhig, dass wir trotz völliger Übermüdung nicht schlafen können. Quietschende Fender und Leinen strengen uns an. Zur Beruhigung der Nerven hilft ein Schnaps und wir fallen in kömatösen Schlaf.  

 

Reval, so der ursprüngliche Name der Stadt,  geht auf eine hölzerne Burg (auf den heutigen Domberg) zurück. Desweiteren wird vermutet, dass zu jener Zeit ein Handelsplatz, sowie ein Hafen entstanden. Erst seit der  Eroberung des dänischen Königs „Waldemar“ 1219 trägt die Stadt den estnischen Namen Tallinn, der soviel heisst wie, „Dänische Stadt“ oder „Dänische Burg“ (lat. Castrum Danorum). 

Wie auch Klaipeda und Riga wird die weitere Geschichte durch einen regen Wechsel der Oberhäupter bestimmt. So waren hier die Dänen, der deutsche Orden, die Schweden und die Russen. Die Estnische Republik, wie sie heute existiert, besteht seit 1991. 

 

Wir besichtigen die alte Stadtmauer, die ab dem 13 Jahrhundert gebaut und über einen Zeitraum von 300 Jahren fertiggestellt  wurde. Sie machte die Stadt zu einer, der am besten befestigten Städte, der Ostsee. Die fertige Mauer war schließlich 2,35 km lang, 13 bis16 m hoch und 2 bis 3 m stark. Sie hatte über 40 Türme. Heute stehen noch 1,85 km Mauer und 26 Türme. Die Mauer scheint hier noch Thema zu sein, denn überall in der Innenstadt stehen mittelalterlich verkleidete Leute, die Touristen locken und faszinieren. 

 

Da ich seit einer Spaßrangelei mit Justus schon seit zwei Wochen Schmerzen in meiner Linken Brust habe und Darius seit Polen ein gereiztes rotes Auge, besichtigen wir auch das vor Ort liegende Krankenhaus. Nachdem wir schnell drankommen, werde ich ohne Untersuchung, dafür aber mit drei Tabletten intus nach Hause geschickt. Nun habe ich Tabletten genommen und müsse nachhause gehen wird mir gesagt. Wenn ich in einer Stunde starke Schmerzen bekäme, solle ich 112 wählen. Irretiert frage ich nach, was das für Tabletten waren. Schmerztabletten. Damit fällt der abendliche Kneipengang für mich aus. Auch Darius wird nach Hause geschickt, denn es ist kein Arzt vorhanden, der ihm ein Rezept für die richtigen Augentropfen geben kann. Am folgendem Tag haben wir Gelegenheit, uns das Gebäude noch genauer anzugucken, denn nun im zweiten Anlauf wollen wir uns nicht abwimmeln lassen. Mit etwas Nachdruck klappt das auch. Ich hatte mir einen Nerv eingeklemmt und Darius bekommt seine Augentropfen.  

 

Als wir ausklarieren wollen, verlegen wir uns in den alten Olympiahafen, der von der Sowjetunion 1980 für die Olympischen Spiele in Moskau gebaut und genutzt wurde, als Austragungsort für die seglerischen Wettkämpfe. Erst als wir ausklarieren, wird uns klar, dass wir ohne Originalpapiere an Bord, nur eine geringe Chance haben, von den Russen nicht wieder nach Hause geschickt zu werden. Schnell sind wir wieder einklariert und die dortigen Polizisten (Danke für die Beratung) heissen uns erneut willkommen. Darüber ärgern wir uns, denn auf diese zu warten würde bedeuten, noch eine weitere Woche in Tallinn zu verbringen, was wir nicht wollen. Schweren Herzen entscheiden wir uns, die 180 Meilen nicht zu segeln und Buchen ein Busticket in die kulturelle Hauptstadt Russlands. 

 

 

1. Justus in den Straßen von Tallinn